Mal im Ernst: Diese ganze Diskussion nervt doch: zu jung, zu alt, zu seriös, zu unterhaltsam … Gähn! Das führt schon im analogen Leben zu nichts. Und darüber zu debattieren, ob man jetzt zu jung oder zu alt für das Netzwerken auf LinkedIn ist, halte ich für Zeitverschwendung. In vielen meiner Vorträge und Workshops sitzen Damen und Herren, die die 50 weit überschritten haben. So wie ich! Yeahhh!!! Ich freue mich über jede und jeden Einzelnen von ihnen. Denn LinkedIn bietet nicht nur Potenzial für eine bestimmte Altersgruppe: Junge, aufstrebende Anwältinnen und Anwälte können hier genauso punkten wie Best-AgerInnen, die einen Großteil ihrer Karriere schon hinter sich haben. Zu alt ist nur, wer sich zu alt fühlt.
Bist du zu alt?
Bei Veranstaltungen passiert es immer wieder. Aus irgendjemandem poltert es heraus: „Ich bin zu alt für den Sch…! Haben wir denn alle nichts Besseres zu tun?“
Ein klarer Impuls, sicher kann man das so sehen – ich allerdings würde ihn hinterfragen. Denn ich halte ihn für falsch.
Ich denke, niemand ist zu alt. Im Gegenteil. Auf LinkedIn ist ein gewisses Lebensalter sogar ein echter Vorteil. Schließlich gibt es wenig ältere Anwältinnen und Anwälte, die sich hier positionieren und aktiv mitnetzwerken. Wie wäre es, wenn eine Namensgeberin oder ein Namensgeber und Rainmaker einer honorigen, bekannten Kanzlei sich hier positionieren würde? Auf einer solchen Karrierestufe befindet man sich oft erst mit über vierzig. Sie oder er könnte humorvolle, sympathische Posts abgeben, dabei souverän und beruhigend wirken, Content teilen, der überhaupt erst auf langer Erfahrung basiert. Das wäre ein echtes Highlight, das die Sichtbarkeit der Kanzlei deutlich erhöhen und Sympathien schaffen würde. Beides ist im Run for Talents, in dem wir uns schon befinden, wichtig. Herren und Damen in diesem Alter sind die besten MarkenbotschafterInnen für die eigene Kanzlei, aber auch für den Berufsstand an sich. Alter bietet auch Vorteile.
Themen, über die man schreiben kann, gibt es genug. Schreib über
👍 Deine Einstellung – zum Leben, zum Beruf, zu aktuellen Entwicklungen,
👍 Krisen und wie Du mit ihnen umgehst, gib Tipps zur Orientierung,
👍Erfahrungen mit MandantInnen,
👍 über Mitarbeitende – natürlich nur wertschätzend – und über erzielte Erfolge.
An Themen wird es ganz sicher nicht mangeln. Poste zu allem, was bei der Mandats- und HR-Akquise nützlich sein könnte.
Und als Denkanstoß: Mein ältester Kunde in diesem Bereich ist im Moment 72 Jahre alt. Er ist klug, ihm fallen unglaublich gute Themen ein und er geht kreativ mit ihnen um. Er schafft es immer, mich damit zu erstaunen, wie gut er mit Sprache umgeht und wie reflektiert seine Sicht auf die Welt ist. Die Arbeit mit ihm ist für mich ein echter Gewinn. Jetzt hätte ich gern noch eine Anwältin in diesem Alterssegment. 😊
Bist du zu jung?
Rein rechtlich gilt: Wer LinkedIn beitreten will, muss mindestens 14 Jahre alt sein. Zu jung ist also die Allgemeinheit, die es auf die Uni zum Jurastudium geschafft hat, rein formell schon mal nicht. Puh, Glück gehabt! Aber die wenigsten 14-Jährigen interessieren sich für LinkedIn: Da tummeln sich aus Sicht der Jugend die „Boomer“ und der Content ist alles andere als ansprechend für pubertierende Teenager. LinkedIn verspricht ja auch, ein Business-Netzwerk zu sein – und das ist gut so, auch wenn der eine oder die andere vielleicht auch hier gern Katzenvideos sehen würde. 😉
Trotzdem bleiben Fragen: Macht es Sinn, wenn sich auch Studierende bei LinkedIn umsehen und hier aktiv werden? Diese Frage begegnet mir in meinem Alltag sehr oft. Meine Antwort darauf ist immer: Ja, jetzt sofort, ab heute. Warum eigentlich nicht schon gestern? Je früher man einsteigt, desto besser. Allerdings sollten ein paar Spielregeln bedacht werden: Eigener Content sollte gut sein und einem klaren Ziel folgen. Solange man hier keinen Plan hat, sollte man trotzdem einsteigen, aber sich erst einmal in Ruhe umsehen, Content anschauen, auf sich wirken lassen, reflektieren, was man gut findet und was nicht. Dabei kann man viel mitnehmen. Man entwickelt ein Gespür dafür, was gut ankommt und wofür man selbst stehen will – und wofür auf keinen Fall.
Jura-Studierenden empfehle ich, sich direkt bei LinkedIn zu registrieren. Das muss nicht gleich die Premium-Variante mit monatlichen Kosten sein, aber es ist sinnvoll, recherchierbar, auffindbar, einfach sichtbar zu sein – mit einem seriösen Profil. Wichtig sind dafür:
👍ein professionelles Foto und
👍ein Profil, das vollständig ist – oder zumindest so wirkt.
Das sind übrigens keine Tipps, die einzig und allein für die „jungen Leute“ gelten. Bei allen Profilen gehören beide Aspekte zu den Must-haves. Sie gelten auch für alle anderen.
Und falls Du Dich fragst: Der Mensch, dem Dein Profil am meisten nützt, bist Du selbst. LinkedIn ist ein mächtiges Marketing-Instrument für Dich. Wer anfängt, sich damit zu beschäftigen, wird das schnell wahrnehmen. Du kannst …
👉 … einen sympathischen Eindruck von Dir hinterlassen, Dich sichtbar machen. Durch Vernetzung entsteht ein gewisser Bekanntheitsgrad. Nicht zuletzt bei Bewerbungen in Kanzleien wird das wichtig.
👉 … Kontakt zu Menschen aus Kanzleien und Rechtsabteilungen, für die Du Dich interessierst, aufbauen.
👉 … Dich auf dem Laufenden halten, was juristische Thematiken in der Wirtschaft und neueste Urteile von höheren Gerichtshöfen angeht. LinkedIn als Medium ist am Puls der Zeit, das kannst Du Dir zunutze machen.
Ich finde durchaus nachvollziehbar, dass man gerade am Anfang vielleicht nicht das Selbstvertrauen und den Mut hat, eigenen Content zu posten und sich mit einer eigenen juristischen Positionierung zurückhält. Aber Du kannst LinkedIn als Chance nutzen, Deine Begeisterung für Jura, kritische Anmerkungen und neugierige Fragen zu teilen. So etwas wird gefeiert! Taste Dich also schon jetzt langsam an das Medium heran, beobachte, was online passiert, wie sich Berufsträgerinnen und -träger mit mehr Erfahrung verhalten. Was gefällt Dir? Was schreckt Dich ab? Wenn Du so weit bist, helfe ich Dir beim Einstieg ins aktive Treiben auf der Plattform.
Bist Du also noch zu jung für LinkedIn oder schon zu alt? Weder noch! Es hilft nur der Sprung ins gar nicht mal so kalte Wasser. Mein Tipp und meine Empfehlung sind: Anmelden, reinschnuppern und posten, wenn es passt. Zur Strategie gelangen wir dann gerne im nächsten Schritt – dazu darfst Du mich natürlich immer ansprechen.