In Zeiten wachsender Konkurrenz, zunehmender Digitalisierung und sich wandelnder Mandantenerwartungen ist eines klar: Eine klare Kanzleistrategie ist kein Luxus mehr, sondern eine Notwendigkeit. Sie gibt Richtung, schafft Fokus und macht den Unterschied zwischen reiner Verwaltung des Kanzleialltags und nachhaltigem Wachstum.
Doch was genau ist eine Kanzleistrategie – und wie entwickelt man sie praxisnah und zukunftsorientiert?
Was versteht man unter einer Kanzleistrategie?
Die Kanzleistrategie ist der mittel- bis langfristige Plan, mit dem eine Rechtsanwaltskanzlei ihre Ziele erreicht. Sie umfasst die grundlegende Ausrichtung in den Bereichen Mandantenstruktur, Leistungsportfolio, Personal, Digitalisierung, Marktpositionierung und Wachstum.
Anders als das tägliche Kanzleimanagement (also die operative Ebene) beschäftigt sich die Strategie mit dem „Wofür“ und „Wohin“ – und weniger mit dem „Wie im Detail“.
Warum eine Kanzleistrategie entscheidend ist
Viele Kanzleien agieren über Jahre hinweg reaktiv: Neue Mandate kommen über bestehende Kontakte, Digitalisierung wird punktuell angegangen, und Personalentscheidungen erfolgen aus dem Bauch heraus. Das kann funktionieren – birgt aber Risiken.
Eine durchdachte Kanzleistrategie schafft Klarheit in einem komplexer werdenden Umfeld. Sie hilft:
- Ziele zu definieren und zu priorisieren
- Ressourcen gezielt einzusetzen
- Entscheidungen faktenbasiert zu treffen
- Alle Teammitglieder zu alignen
- Wachstum systematisch zu gestalten
Besonders in Phasen des Wandels – etwa bei der Übergabe an die nächste Generation, bei Fusionen oder im Rahmen der Digitalisierung – ist die strategische Positionierung entscheidend.
Typische Fragen bei der Entwicklung der Kanzleistrategie
Bei der Entwicklung einer Kanzleistrategie stehen häufig folgende Fragen im Raum:
- Welche Mandanten wollen wir gezielt ansprechen – und welche nicht?
- In welchen Rechtsgebieten wollen wir uns künftig profilieren?
- Wie heben wir uns vom Wettbewerb ab – insbesondere im digitalen Raum?
- Wie können wir unsere Prozesse effizienter gestalten?
- Was bedeutet Wachstum für uns – mehr Köpfe, mehr Spezialisierung oder mehr Mandate?
- Wie schaffen wir eine attraktive Kanzleikultur, um gute Mitarbeitende zu halten oder zu gewinnen?
Die Antworten auf diese Fragen bilden das strategische Fundament – maßgeschneidert auf die individuelle DNA Ihrer Kanzlei und damit auf das Wesen und die Wertewelt der Gründer.
Der Weg zur eigenen Kanzleistrategie – Schritt für Schritt
Eine gute Kanzleistrategie ist kein abstraktes Papierwerk, sondern ein praktisch umsetzbarer Leitfaden, der belebt wird von den Entscheiderinnen und Entscheidern der Kanzlei. Die Entwicklung folgt idealerweise einem strukturierten, durchdachten und reflektierten Prozess:
1. Ist
Analyse der aktuellen Situation: Stärken, Schwächen, Mandatsstruktur, Wettbewerbsumfeld, interne Prozesse, Teamstruktur. Tools wie SWOT-Analysen oder Kanzlei-Checklisten helfen dabei.
2. Ziel
Wo soll die Kanzlei in 3–5 Jahren stehen? Welche Vision treibt Sie an? Welche konkreten Ziele ( B. Spezialisierung, neue Märkte, Umsatzwachstum) ergeben sich daraus?
3. Kanzleistrategie
Ableitung konkreter strategischer Stoßrichtungen: Spezialisierung, Digitalisierung, Personalentwicklung, Standortwahl, Markenbildung etc.
4. Maßnahmenplanung
Operative Umsetzung: Welche Maßnahmen werden in welchem Zeitraum und mit welchen Ressourcen umgesetzt? Hier beginnt die Übersetzung von Strategie in Praxis. Tipp: Denken und handeln Sie unternehmerisch und budgetieren Sie Maßnahmen.
5. Evaluation und Steuerung
Strategie ist ein lebendiger Prozess. Regelmäßige Reviews helfen, Kurs zu halten oder bei Bedarf anzupassen – ohne den Fokus zu verlieren.
Häufige Fehler bei der Strategieentwicklung
Viele Kanzleien starten mit guten Absichten, doch einige Fallstricke treten immer wieder auf:
- Unklare Ziele: „Wir wollen wachsen“ ist kein Ziel – es fehlt die Richtung.
- Strategie bleibt Chefsache: Ohne Team-Einbindung fehlt oft die Umsetzungskraft.
- Zu viel auf einmal: Strategie bedeutet auch Fokussierung – weniger ist oft mehr.
- Keine Umsetzungskontrolle: Ohne Monitoring bleibt Strategie Theorie.
Fazit: Eine gute Kanzleistrategie zahlt sich aus
Die Entwicklung einer Kanzleistrategie mag auf den ersten Blick wie ein zusätzlicher Aufwand wirken. Tatsächlich ist sie jedoch eine Investition in Klarheit, Richtung und Zukunftsfähigkeit. In einer Branche, die sich zunehmend differenziert und digitalisiert, verschafft Strategie einen entscheidenden Vorteil – für Ihre Kanzlei, Ihr Team und Ihre Mandanten.
Nutzen Sie den Moment – und beginnen Sie mit kleinen, aber gezielten Schritten. Die besten Strategien entstehen nicht über Nacht, sondern im Dialog mit sich selbst, dem Team und der Realität des Marktes.